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4. Februar 2012

Gamification des St. Galler Nah-Verkehrs

Spieltz_Spiele auf LKW-Plane


Wie wäre es, wenn die BenutzerInnen von öffentlichen Verkehrsmitteln ihre alltäglichen Fahrten mit einem Spiel verbinden, oder dabei eine Art von „Cumulus-Punkten“ sammeln können, welche dann zu Rankings einfliessen? Man löst das Ticket für die öV über das Smartphone, dabei werden die eingegebenen Daten genutzt, um dem Fahrgast ein interaktives Fahrerlebnis zu bieten. Gerade heute, wo sich die Zahlung mit dem Mobiltelefon zusehend grösserer Beliebtheit erfreut (Martin Suter, „Das Handy wird zum Goldesel“, SonntagsZeitung, 29.012012), können auch öV-Betreiber diese Technologie für sich nutzen. Gleichzeitig kann für diese gelöste Fahrt Punkte gesammelt werden, welche in ein Wertung der „besten öV NutzerInnen“ einfliessen. Anhand der Fahrtenchronik soll eine Gamifizierung[1] des St. Galler Nah-Verkehrs entstehen und erster Linie dazu dienen, der öV-Nutzung eine moderne technologiebasierende Nutzenerweiterung zu verleihen. Zwar müsste für St. Gallen dafür erst eine andersartige Ticket-Infrastruktur installiert werden, welche auch eTicketing für Smartphones ermöglicht. Dies ist heute jedoch in Teilen schon realisiert, da für die Nachtzuschläge auf dem Netz der St. Galler Verkehrsbetriebe bereits eTickets zu Anwendung kommen. Für einen Gamification-Ansatz, der auf Check-in-Mechaniken aufbaut, wie sie von Foursquare, Gowalla etc. bekannt sind, stellt dies mit den dabei gesammelte Fahrgastdaten einen perfekten Ausgangspunkt für eine social-game-Anwendung dar (McGonigal, 2011). Alles verpackt in einer modernen App, ergeben sich daraus aber noch weit mehr Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel (Fahrplanauskunft, Informations- und Suchdienste, Auskünfte und Wissenswertes). Eine solch neu zu entwickelnde Spielapplikation für internetfähige und somit trackingfähige Smartphones soll eine erhöhte Affinität zum öV schaffen. Denn gilt es doch gerade auch die Erwachsenen von morgen für eine nachhaltige Mobilität zu sensibilisieren. Die hohe Smartphonedichte in der Schweiz lässt aber ein Einbeziehen aller NutzerInnen der öffentlichen Verkehrsmittel zu. Weiter unterstützt ein solches Vorhaben den Trend zu mobilen Webanwendungen. Spiele bzw. der spielerische Umgang mit verschiedenen Werbe-Botschaften und Services ist schon länger ein Trend (McGonigal, 2011). Weshalb also nicht auch die technischen Möglichkeit und die Faszination der Leute für Spiele, Herausforderungen und Trophäensammeln nutzen, um den nachhaltigen öffentlichen Verkehr ins Zeitalter des Web 3.0 zu holen? 

Der technischen Realisierbarkeit einer solchen Anwendung steht nichts im Weg, weil die dafür nötige Technik bereits vorhanden ist und auch schon in ähnlichen Fällen zur Anwendung kommt. Gerade im Bereich der Mobilität haben solche ortsbezogenen Applikationen ein grosses Potenzial zur Weiterentwicklung dieser Anwendungsfelder des mobil-webs. Insbesondere Augmented-reality-Funktionen verhelfen den öV zu weiterer Attraktion. Mit augmented-reality[2]-Funktionen können problemlos social-games[3] für den Nah-Verkehr entwickelt werden. Sozial, deshalb, weil sich hier Multiplayer-Spiele anbieten aber auch weil Verknüpfungen zu allen etablierten Social-Media-Kanälen hergestellt werden können. Mittels location-base-Anwendungen[4] und den durch das eTicketing gewonnen Daten ist es möglich, ganze Spielwelten rund um die Nutzung der öV zu erschaffen. Denkbar wäre, die neue Infrastruktur des GPS-Tracking der St. Galler Verkehrsbetriebe für die real-Time-Fahrplanauskünfte für diese Anwendungen zu nutzen. Dem User soll eine interaktive Dimension im Bereich der öffentlichen Nahverkehrs-Mobilität geboten werden. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Benutzer der öffentlichen Verkehrsmittel könnten beispielsweise Missionen erfüllen, in dem sie gewisse Strecken fahren, Rätsel an den Haltestellen lösen oder eine gewisse Anzahl ihrer Strecken mit den öV zurückzulegen und gleichzeitig können sie ihre Ergebnisse in den sozialen Netzwerken publizieren. Darüber hinaus könnte man seine Bewegungen in der Stadt mit konkreten Missionen verknüpfen, für die man Badges erhält. Gerade im Bereich der Mobilität haben solche ortsbezogenen Applikationen ein grosses Potenzial zur Weiterentwicklung von Anwendungsmöglichkeiten. Eine solche Lösung wäre bis heute einzigartig für die Schweiz und St. Gallen käme mit der Entwicklung einer solchen App eine Vorreiterrolle zu. Da auch andere Städte wie beispielsweise Zürich mit ähnlichen Problemen im Bereich des Strassenverkehrs kämpfen, hätte eine solche Lösung grosses Adaptionspotenzial und wäre grundsätzlich für jedes Nah-Verkehr-Netz zu realisieren.


Damit aber noch nicht genug. Die Social-Game-App ist aber nur ein Teil des gesamten Konzepts. Für die Schwachstellenanalyse im Fussgänger- und Velowegbereich der Stadt sollen die "Betroffenen" direkt miteinbezogen werden. Denn wer weiss besser, wo es Optimierungspotenzial hat, als jene Leute, die täglich in der Stadt unterwegs sind. Es soll erreicht werden, dass Leute im Sinne einer Communitiy, analog dem Crowdsourcing[5], direkt ihre Vorschläge zur Verbesserungen mittels einem Foto (direkt der App über das Smartphone aufgenommen) hochladen können und Vorschläge machen können, wie das aktuelle Defizit behoben werden kann. Denn heute fehlt es noch an einer systematischen Erfassung von Schwachstellen, doch in Kombination mit der der Applikation können die heutigen Defizite auf schnelle und einfache Weise durch die selbst BewohnerInnen identifiziert werden. Dafür können sogar bereits bestehende Webplattform wie mysg.ch verwendet werden und auf dieser Netzgemeinschaft aufgebaut werden. Damit kann die Stadtverwaltung auf kostengünstige und effiziente Weise, die Schwachstellen im Langsamverkehr, wie auch im öffentlichen Verkehr identifizieren. Mit dem Konzept des Crowdsourcing wäre es demnach auch möglich, gleich die entsprechenden Lösungen zu erhalten. Danach kann mit gezielten Verbesserungsmassnahmen die Situation im Langsamverkehr schrittweise optimiert werden. 



[1] "Gamification" bezeichnet die Nutzung von Spielmechaniken in nicht-spielerischen Verbrauchertechnologien, um Benutzer zu motivieren, diese Anwendungen zu nutzen und sie zu gewünschtem Verhalten zu ermutigen (McGonigal, 2011). Es gilt hierbei die Annahme, dass unser alltägliches, routiniertes Verhalten mittels spielerischen Elementen beeinflusst wird und wir zu einem Umdenken bewegt werden.
[2]Unter erweiterter Realität (engl. Augmented reality) versteht man die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Diese Information kann alle menschlichen Sinnesmodalitäten ansprechen. Häufig wird jedoch unter erweiterter Realität nur die visuelle Darstellung von Informationen verstanden, also die Ergänzung von Bildern oder Videos mit computergenerierten Zusatzinformationen oder virtuellen Objekten mittels Einblendung/Überlagerung“ (Wikipedia, 2012).
[3] Social Games sind Spiele, die man auf Netzwerk-Plattformen spielt, also auf Angeboten wie Facebook oder MySpace. Man kann dort zu seinem normalen Nutzerprofil sogenannte Applikationen für Spiele hinzufügen. Meist sind dies Spiele, bei denen man sofort loslegen kann und keine lange Einarbeitungszeit braucht (McGonigal, 2011). In Verbindung mit augmented-Reality und location-based-Anwendungen können solche Spiele hervorragend zu einer Gamification der Mobilität eingesetzt werden.
[4] „Standortbezogene Dienste (engl. Location-based Services (LBS)), sind mobile Dienste, die unter Zuhilfenahme von positionsabhängigen Daten dem Endbenutzer selektive Informationen bereitstellen oder Dienste anderer Art erbringen“ (Wikipedia, 2012)
[5] „Crowdsourcing ist eine Strategie des Auslagerns von Wissensgenerierung und Problemlösung an externe Akteure durch einen öffentlichen Aufruf an eine grosse Gruppe. In der Regel wird dieser Aufruf durch eine Webseite realisiert“ (Gassmann, 2010, S. 14)

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