Wie wäre es, wenn die BenutzerInnen von öffentlichen
Verkehrsmitteln ihre alltäglichen Fahrten mit einem Spiel verbinden, oder dabei
eine Art von „Cumulus-Punkten“ sammeln können, welche dann zu Rankings
einfliessen? Man löst das Ticket für die öV über das Smartphone, dabei werden
die eingegebenen Daten genutzt, um dem Fahrgast ein interaktives Fahrerlebnis
zu bieten. Gerade heute, wo sich die Zahlung mit dem Mobiltelefon zusehend
grösserer Beliebtheit erfreut (Martin Suter, „Das Handy wird zum Goldesel“, SonntagsZeitung, 29.012012), können auch
öV-Betreiber diese Technologie für sich nutzen. Gleichzeitig kann für diese gelöste
Fahrt Punkte gesammelt werden, welche in ein Wertung der „besten öV NutzerInnen“
einfliessen. Anhand der Fahrtenchronik soll eine Gamifizierung[1]
des St. Galler Nah-Verkehrs entstehen und erster Linie dazu dienen, der
öV-Nutzung eine moderne technologiebasierende Nutzenerweiterung zu verleihen.
Zwar müsste für St. Gallen dafür erst eine andersartige Ticket-Infrastruktur installiert
werden, welche auch eTicketing für Smartphones ermöglicht. Dies ist heute jedoch
in Teilen schon realisiert, da für die Nachtzuschläge auf dem Netz der St.
Galler Verkehrsbetriebe bereits eTickets zu Anwendung kommen. Für einen
Gamification-Ansatz, der auf Check-in-Mechaniken aufbaut, wie sie von
Foursquare, Gowalla etc. bekannt sind, stellt dies mit den dabei gesammelte
Fahrgastdaten einen perfekten Ausgangspunkt für eine social-game-Anwendung dar
(McGonigal, 2011). Alles verpackt in einer modernen App, ergeben sich daraus
aber noch weit mehr Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität der öffentlichen
Verkehrsmittel (Fahrplanauskunft, Informations- und Suchdienste, Auskünfte und
Wissenswertes). Eine solch neu zu entwickelnde Spielapplikation für internetfähige
und somit trackingfähige Smartphones soll eine erhöhte Affinität zum öV
schaffen. Denn gilt es doch gerade auch die Erwachsenen von morgen für eine nachhaltige
Mobilität zu sensibilisieren. Die hohe Smartphonedichte in der Schweiz lässt
aber ein Einbeziehen aller NutzerInnen der öffentlichen Verkehrsmittel zu.
Weiter unterstützt ein solches Vorhaben den Trend zu mobilen Webanwendungen.
Spiele bzw. der spielerische Umgang mit verschiedenen Werbe-Botschaften und Services
ist schon länger ein Trend (McGonigal, 2011). Weshalb also nicht auch die technischen
Möglichkeit und die Faszination der Leute für Spiele, Herausforderungen und
Trophäensammeln nutzen, um den nachhaltigen öffentlichen Verkehr ins Zeitalter
des Web 3.0 zu holen?
Der technischen Realisierbarkeit einer solchen Anwendung
steht nichts im Weg, weil die dafür nötige Technik bereits vorhanden ist und
auch schon in ähnlichen Fällen zur Anwendung kommt. Gerade im Bereich der
Mobilität haben solche ortsbezogenen Applikationen ein grosses Potenzial zur
Weiterentwicklung dieser Anwendungsfelder des mobil-webs. Insbesondere Augmented-reality-Funktionen
verhelfen den öV zu weiterer Attraktion. Mit augmented-reality[2]-Funktionen können problemlos
social-games[3]
für den Nah-Verkehr entwickelt werden. Sozial, deshalb, weil sich hier
Multiplayer-Spiele anbieten aber auch weil Verknüpfungen zu allen etablierten
Social-Media-Kanälen hergestellt werden können. Mittels
location-base-Anwendungen[4] und den durch das
eTicketing gewonnen Daten ist es möglich, ganze Spielwelten rund um die Nutzung
der öV zu erschaffen. Denkbar wäre, die neue Infrastruktur des GPS-Tracking der
St. Galler Verkehrsbetriebe für die real-Time-Fahrplanauskünfte für diese Anwendungen
zu nutzen. Dem User soll eine interaktive Dimension im Bereich der öffentlichen
Nahverkehrs-Mobilität geboten werden. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen
gesetzt. Benutzer der öffentlichen Verkehrsmittel könnten beispielsweise Missionen
erfüllen, in dem sie gewisse Strecken fahren, Rätsel an den Haltestellen lösen oder
eine gewisse Anzahl ihrer Strecken mit den öV zurückzulegen und gleichzeitig können
sie ihre Ergebnisse in den sozialen Netzwerken publizieren. Darüber hinaus
könnte man seine Bewegungen in der Stadt mit konkreten Missionen verknüpfen,
für die man Badges erhält. Gerade im Bereich der Mobilität haben solche
ortsbezogenen Applikationen ein grosses Potenzial zur Weiterentwicklung von
Anwendungsmöglichkeiten. Eine solche Lösung wäre bis heute einzigartig für die
Schweiz und St. Gallen käme mit der Entwicklung einer solchen App eine
Vorreiterrolle zu. Da auch andere Städte wie beispielsweise Zürich mit ähnlichen
Problemen im Bereich des Strassenverkehrs kämpfen, hätte eine solche Lösung grosses
Adaptionspotenzial und wäre grundsätzlich für jedes Nah-Verkehr-Netz zu realisieren.
Damit
aber noch nicht genug. Die Social-Game-App ist aber nur ein Teil des gesamten
Konzepts. Für die Schwachstellenanalyse im Fussgänger- und Velowegbereich der
Stadt sollen die "Betroffenen" direkt miteinbezogen werden. Denn wer
weiss besser, wo es Optimierungspotenzial hat, als jene Leute, die täglich in
der Stadt unterwegs sind. Es soll erreicht werden, dass Leute im Sinne einer
Communitiy, analog dem Crowdsourcing[5], direkt ihre Vorschläge
zur Verbesserungen mittels einem Foto (direkt der App über das Smartphone
aufgenommen) hochladen können und Vorschläge machen können, wie das aktuelle
Defizit behoben werden kann. Denn heute fehlt es noch an einer systematischen
Erfassung von Schwachstellen, doch in Kombination mit der der Applikation
können die heutigen Defizite auf schnelle und einfache Weise durch die selbst
BewohnerInnen identifiziert werden. Dafür können sogar bereits bestehende Webplattform
wie mysg.ch verwendet werden und auf dieser Netzgemeinschaft aufgebaut werden.
Damit kann die Stadtverwaltung auf kostengünstige und effiziente Weise, die
Schwachstellen im Langsamverkehr, wie auch im öffentlichen Verkehr
identifizieren. Mit dem Konzept des Crowdsourcing wäre es demnach auch möglich,
gleich die entsprechenden Lösungen zu erhalten. Danach kann mit gezielten
Verbesserungsmassnahmen die Situation im Langsamverkehr schrittweise optimiert
werden.
[1]
"Gamification"
bezeichnet die Nutzung von Spielmechaniken in nicht-spielerischen
Verbrauchertechnologien, um Benutzer zu motivieren, diese Anwendungen zu nutzen
und sie zu gewünschtem Verhalten zu ermutigen (McGonigal, 2011). Es gilt
hierbei die Annahme, dass unser alltägliches, routiniertes Verhalten mittels
spielerischen Elementen beeinflusst wird und wir zu einem Umdenken bewegt
werden.
[2]
„Unter
erweiterter Realität (engl. Augmented reality) versteht man die
computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Diese Information kann
alle menschlichen Sinnesmodalitäten ansprechen. Häufig wird jedoch unter erweiterter
Realität nur die visuelle Darstellung von Informationen verstanden, also die
Ergänzung von Bildern oder Videos mit computergenerierten Zusatzinformationen
oder virtuellen Objekten mittels Einblendung/Überlagerung“ (Wikipedia, 2012).
[3]
Social
Games sind Spiele, die man auf Netzwerk-Plattformen spielt, also auf Angeboten
wie Facebook oder MySpace. Man kann dort zu seinem normalen Nutzerprofil
sogenannte Applikationen für Spiele hinzufügen. Meist sind dies Spiele, bei
denen man sofort loslegen kann und keine lange Einarbeitungszeit braucht
(McGonigal, 2011). In Verbindung mit augmented-Reality und
location-based-Anwendungen können solche Spiele hervorragend zu einer
Gamification der Mobilität eingesetzt werden.
[4] „Standortbezogene
Dienste (engl. Location-based Services (LBS)), sind mobile Dienste, die unter
Zuhilfenahme von positionsabhängigen Daten dem Endbenutzer selektive
Informationen bereitstellen oder Dienste anderer Art erbringen“ (Wikipedia,
2012)
[5]
„Crowdsourcing
ist eine Strategie des Auslagerns von Wissensgenerierung und Problemlösung an
externe Akteure durch einen öffentlichen Aufruf an eine grosse Gruppe. In der
Regel wird dieser Aufruf durch eine Webseite realisiert“ (Gassmann, 2010, S.
14)
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