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27. Dezember 2012

Jetzt mal Tacheles - Das Geschäftsmodell einer Versicherung

Da ich bis gestern nur den Namen meiner Versicherung kannte, wollte ich jetzt mal genau wissen, wie denn so eine Versicherung überhaupt funktioniert. Da ich es explizit nicht bei Wikipedia nachlesen, sondern fundierte und Kenntnisreiche Infos bekomme wollte, hab ich einfach meine Versicherung angerufen, weil heute morgen mal wieder die Prämienrechnung in meinem eBanking-Account lag, und hab sie gefragt, wie denn ihr Geschäftsmodell aussieht.

Nach dem ich zuerst der kleinen Nachtmusik lauschte und mir zuvor eine digitale Stimme mitteilte, dass zurzeit alle Service-Center-Mitarbeiter besetzt seien und sogleich die Musik einsetzte sprach ich nach zweimaligem Verbinden eine längere Zeit mit einer überaus sympathisch klingenden Frau aus der Presseabteilung. Zwar hab ich einen kurzen augenblick gezögert, ob die Pressedame auch die richtige Ansprechsperson für mein Belangen sei. Doch nach dieser telefonischen Privatvorlesung über die Organisation und die Prozesse einer Versicherungsgesellschaft, war ich der Auffassung, niemand sonst als diese sympathisch klingende Pressedame hätte mir anschaulicher erzählen können, wie denn nun so eine Versicherung funktioniert.

Dank den didaktischen Kenntnissen der Pressedame hat sie mir in anschaulichen rethorischen Schilderung offengelegt, wie denn nun so ein Geschäftsmodell einer traditionellen Sach-Versicherung aussieht. Folgende Grafik hab ich mir während des Telefonats in mein Notizbuch gekrizelt:


Kurz zur Erläuterung der Grafik: Das Produkt, das die Versicherung primär verkauft, ist einfach fomuliert die Absicherung vor finanziellen und materiellen Risiken (Diebstahl: unser Fahrrad wird am Bahnhof geklaut, Feuer: unsere Wohnung wird durch eine Feuer zu Asche, Glasbruch: mein Glastisch geht bei einer Party in die Brüche, Haftpflicht: bei derselben Party mache ich mit meiner Zigarette ein Loch in den teuren Designermantel einer Freundin, etc.). Für diese Sicherheit bezahlen wir eine unserem subjektiven Risiko gerechte Prämie. In der Mitte haben wir die gesamte Wertschöpfung einer Versicherung. Darin entfallen die gesamte Produktbereitstellung, der Vertrieb, das Verwalten der Verträge und das Abwickeln von Schadenfällen, auch der Service-Center-Mitarbeiter, die Musik in der Warteschlange und das Versenden der leidigen Einzahlungsscheine gehört in diesen Bereich. Die Pressedame allerdings nicht mehr direkt. Mit den von mir bezahlten Prämienbeiträgen muss die Versicherung einerseits ihre Kosten aus dem Wertschöpfungsprozess decken (Löhne, Material, Miete etc.), gleichzeitig aber muss der Grossteil unserer  Prämien für künftige Schadenfälle entsprechend reservieren sein. Diese reservierten Gelder werden von den Versicherungen kurz- bis langfristig anlegen und kommen damit zu ihrem eigentlichen Profit. Denn die Prämie, welche wir bezahlen, entspricht der Wahrscheinlichkeit (Eintrittswahrscheinlichkeit), mit welcher uns unangenehme Dinge wie Häuserbrände und wildes Parties zustossen können. 

Da sich die Versicherungsunternehmen einem harten Wettbewerb um uns Kunden gegenübersehen, müssen die Unternehmen ihre Kosten, sprich Verwaltungskostensatz, versuchen zu reduzieren. Denn da wir Kunden preisempfindlich sind, können sie nicht einfach die Prämien erhöhen (ausser die Grundversicherungen der Krankenkassen). Die gestern angesprochene und sich anbahnende Systeminnovation hat zum einen auch das Ziel, diesen Kostensatz zu reduzieren und gleichzeitig als Gesellschaft für uns Kunden sichtbarer zu werden und mehr Kontaktpunkte zu bieten, damit wir eine tiefere, vielleicht gar emotionale, Kundenbeziehung aufbauen können. Denn zwei wichtige Punkte stehen ebenfalls noch in den Blöcken: Wenig Kundenkontakt und wenig Transparenz für den Kunden, was den Wertschöpfungsprozess betrifft. Somit könnte man beinahe sagen, dass die sich in Gang befindlichen Umwälzungen in der Assekuranz durchaus grundlegend sind, das sie zum Ziel haben, ihr Geschäftsmodell dahingehend zu ändern, dass wir oft und regelmässig, vielleicht gar persönlichen Kontakt mit der Versicherung haben. Und ich meine damit nicht, dass der Aussendienstmitarbeiter mir den Einzahlungsschein persönlich nach Hause bringt.

Nun ich hoffe, meine Recherchen zur Versicherungslogik haben auch euch weitergeholfen. Selbstverständlich bin ich bereit, noch etwas weiter aus dem Nähkästchen zu plaudern, falls weiter Fragen offen sind.

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